Für unabhängige Arbeitnehmerpolitik • Für die soziale Einheit
Während Merkel für die Ratifizierung eines noch gigantischeren Milliardenfonds für Banken und Spekulanten sowie für die Ausweitung einer dauerhaft und gesetzlich verbindlichen Schuldenbremse, nach deutschem Beispiel, auf ganz Europa um die Zweidrittelmehrheit für Fiskalpakt und ESM ringt, – d.h. für die Unterwerfung aller Völker Europas unter ein verschärftes Diktat des Schulden- und Defizitabbaus (vom EuGH überwacht und mit Geldbußen sanktioniert), sucht Hannelore Kraft in Nordrhein-Westfalen nach dem Scheitern der Minderheitsregierung von SPD/Grünen über Neuwahlen eine Regierungsmehrheit, die wirklich fähig ist, die Schuldenbremse und Sparpolitik umzusetzen, um zur Bedienung der erpresserischen Anforderungen des Finanzkapitals weitere Milliarden bereitstellen zu können.
Am 9. Mai 2010 verjagte die Wählermehrheit die schwarz-gelbe Koalition unter Rüttgers, die ihren Beitrag geleistet hat für die Hunderte Milliarden staatlicher Gelder zur Rettung der Banken und Konzernprofite, während den Kommunen die Schulden- und Sparschlinge um den Hals gelegt wurde.
Hunderttausende Arbeitnehmer haben zugleich der SPD unter der Spitzenkandidatin Kraft ihre Stimme verweigert und mit dem schlechtesten Ergebnis seit über 50 Jahren abgestraft, weil Kraft jeder Perspektive für eine andere Politik, für politische Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor der Krise, eine Absage erteilt hat.
Trotz minimaler Zugeständnisse, wie die Abschaffung der Studiengebühren, hatte Kraft ihre Minderheitsregierung vollkommen dem Dogma der Respektierung der Schuldenbremse unterworfen.
Und jetzt, nach der Auflösung des Landtags hat sie angekündigt, dass sie eine ‚Null-Schulden-Regierung’ in Nordrhein-Westfalen an die Regierungsmacht bringen will, ein Weg, den sie schon mit dem Haushaltsentwurf für das Jahr 2012 eingeschlagen hatte.
Bis zum Jahr 2020 wollte sie die Landesausgaben um 6 Milliarden kürzen, und hat dazu mit der Verordnung einer globalen Minderausgabe von 750 Millionen für das laufende Jahr Haushaltsjahr den ersten Schritt gemacht.
Die Kommunen ersticken unter einem „eisernen Sparkurs“, immer mehr Bürgermeister schlagen Alarm: Die Schuldenbremse verbietet dringlich notwendige Investitionen, um Verfall der Krankenhäuser zu stoppen; Schulen und Kitas sind marode, Jugendliche und Studenten werden ins Prekariat geworfen, bei Bussen und Bahnen wird drastisch gespart, soziale Einrichtungen, werden geschlossen, das Ruhrgebiet avanciert zu einer neuen Armenregion Deutschlands.
Mit Hilfe der FDP hat Kraft den „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ installiert, ein „Vertrauenssignal an die Banken“. Dieses Gesetz, der Umsetzung der Schuldenbremse geschuldet, zwingt die Kommunen zu weiterem Sozialabbau, zur Senkung der Ausgaben und Privatisierungen (s. Artikel in dieser Nummer auf S. 4). Dieser Todesstoß für die kommunale Demokratie droht „griechische Verhältnisse“ einzuführen.
Gestützt auf dieses Gesetz können die öffentlichen Arbeitgeber den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, die mit ihrer Gewerkschaft ver.di den Kampf für ihre berechtigten Lohnforderungen führen, mit massivem Stellenabbau, Kürzung kommunaler Leistungen und Privatisierung kommunaler Betriebe und Einrichtungen antworten.
Gewerkschafter und Sozialdemokraten aus NRW, engagiert in Initiativen um die Soziale Politik & Demokratie, haben zu einer Diskussion eingeladen und wenden sich an die Sozialdemokraten und SPD-Landtagskandidaten: Kein Sozialdemokrat und kein SPD-Landtagskandidat kann sich weiter auf die politische Interessensvertretung für Arbeitnehmer und die Demokratie berufen, wenn er nicht zum Kampf für die Beseitigung der Schuldenbremse antritt.
Sie sprechen im Namen derjenigen, die Rüttgers davongejagt haben und die der SPD unter Kraft ihre Stimme verweigert haben, weil sie entschieden die Fortsetzung der Schulden- und Defizitabbaupolitik, die das Land und die Kommunen ausblutet, zu ihrem Programm gemacht hat.
Sie sprechen in ihrem Namen, wenn sie feststellen, dass die arbeitende Bevölkerung und Jugend eine Regierung braucht für Sofortmaßnahmen zur Rettung der Krankenhäuser; eine Regierung, die allen Jugendlichen das Recht auf eine qualifizierte Schulbildung und Studium, mit entsprechenden berufsqualifizierenden Abschlüssen garantiert; und welche die Schande, dass 100.00e zu Billiglöhnen verurteilt sind, auslöscht durch die Schaffung von Beschäftigungsprogrammen zur Einstellung dringend benötigten Personals in Krankenhäusern, Schulen, in Gesundheitsämtern…, in regulären sozialversicherungspflichtigen Normalarbeitsverhältnissen, bezahlt nach dem Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes.
Keine diese Forderungen kann verwirklicht werden, ohne dass das Diktat der Schuldenbremse aufgehoben wird, und ohne dass das Land durch die Streichung der öffentlichen Schulden von der Schuldenlast befreit wird.
Der Kampf für die Aufhebung der Schuldenbremse, die aufräumt mit den Verfassungsgrundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaat, seinem Sozialstaatsgebot, steht im Zentrum des Aufrufs an die Bundestagsabgeordneten: Stimmt mit Nein zu ESM und Fiskalpakt, zum Aufgebot neuer Milliarden an die Finanzmärkte und zur Ausweitung einer verschärften Schuldenbremse auf alle europäischen Länder.
30 Mrd. Euro jährlich muss die Regierung Merkel an zusätzlichen Sparmaßnahmen erbringen, um dem Schulden- und Defizitabbaudiktat des Fiskalpaktes Rechnung zu tragen. Ein tiefes Loch reißt die erste Rate von 8,7 Mrd. Euro für den Banken-Rettungsschirm ESM in den Haushalt von 2012, der schon zur Finanzierung der Spekulationsverluste der staatlichen Banken geplündert wurde.
Dafür will Schäuble im Namen der Schuldenbremse tief in die Sozialkassen greifen: 5 Milliarden will er im Bundeshaushalt 2013 bei Arbeitsmarktausgaben, bei den Renten und Krankenkassen sparen. Und im Namen der „leeren Kassen“ sprechen die öffentlichen Arbeitgeber den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst das Recht auf eine „kräftige Reallohnerhöhung“ ab.
Die Steinmeier und Gabriel versichern täglich ihre Bereitschaft, den SPD-Abgeordneten ein Ja zu ESM und Fiskalpakt zu verordnen, um der Regierung Merkel – gerade angesichts der erforderlichen Zweidrittelmehrheit - die Mehrheit zu sichern und die erpresserischen Forderungen der Finanzmärkte zu bedienen.
Doch das kann die Initiatoren der Erklärung „Nein zu ESM, zum Fiskalpakt“, die schon bundesweit Resonanz gefunden hat, nur in ihrer Entschlossenheit bestärken, Gewerkschafter, politisch Engagierte und Sozialdemokraten aufzurufen, mit ihrer Unterschrift das Nein zu unterstützen und die Kampagne kraftvoll auszuweiten, damit ESM und Fiskalpakt durch den Bundestag nicht ratifiziert werden.
Carla Boulboullé
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