Für unabhängige Arbeitnehmerpolitik • Für die soziale Einheit
Kaum ist die Abstimmungsprozedur in den Euro-Ländern für die Aufstockung und Kompetenzerweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF gelaufen, haben die Banken und Spekulationsfonds im Bündnis mit dem IWF ein neues Not-Gipfeltreffen der Euro-Länder erpresst.
Zu ihrer Rettung soll das Treffen einerseits eine gewaltige Aufblähung der Mittel – auf 1-2 Billionen (1-2.000.000.000.000) Euro – beschließen und Maßnahmen zu einer Neuauflage der Milliardenflutung der Banken und zugleichden Druck auf Papandreou wie auf alle Regierungen verstärken, das Troika-Diktatdes Sozialkahlschlags gegen alle Widerstände der Bevölkerung durchzusetzen.
20./21.10.: Das griechische Volk erhebt sich, dem Aufruf ihrer Gewerkschaftsdachverbände GSEE (private Wirtschaft) und ADEDY (öffentlicher Dienst) folgend, zum Generalstreik.
Der größte Gewerkschaftsbund von Portugal, CGTP, ruft für den 24. November zum Generalstreik auf. Auch der UGT unterstützt den Aufruf für einen Generalstreik gegen die rigorosen Sparprogramme.
Eben noch mussten die Arbeitnehmer in Deutschland erleben, dass die SPD-Fraktion im Bundestag unter der Führung des Trios Gabriel, Steinmeier und Steinbrück nahezu geschlossen der EFSF und ihren „harten Sparauflagen“ zugestimmt hat.
Und sie mussten erleben, dass ihre Gewerkschaftsführung, dass Sommer und alle acht Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften mit einer breiten Anzeigenkampagne und einem Aufruf an die Bundestagsabgeordneten für deren Zustimmung zu diesem Euro-Rettungsschirm warben.
Diese Aufforderung der Gewerkschaftsvorsitzenden an die Abgeordneten, mit „Ja“ zu stimmen, ist ein „Ja“ für immer neue Rettungsmilliarden für Banken und Spekulanten; ein „Ja“ für die drakonischen Spar- und Lohnabbaudiktate der Troika und der Regierungen gegen die Arbeitnehmer und Völker in ganz Europa; ist ein „Ja“ für die entsprechende Aufblähung der deutschen Staatsverschuldung, wofür die Regierung Merkel die Arbeitnehmer durch eine noch schärfere Politik des Schulden- und Defizitabbaus, des Abbaus von Lohn und Arbeitnehmerrechten durch die weitere Ausdehnung von Niedriglohn und Prekarisierung bluten lassen will.
Die SPD-Führung hat schon angekündigt, dass sie „unter Bedingungen“ der Regierung Merkel wieder zu Hilfe eilen wird, um dem Parlament die weiteren erpresserischen Forderungen der Finanzmärkte aufzuzwingen. Wird die Gewerkschaftsführung es wagen, entgegen ihrem Auftrag, die Interessen der Arbeitnehmer zu verteidigen, die Bundestagsabgeordneten erneut zum „JA“aufzurufen?
In ihren Kämpfen für ihre berechtigten Forderungen fordern die Kollegen den grundsätzlichen Auftrag ihrer Gewerkschaften ein: Verteidigung der Interessen der Arbeitnehmer gegen jedes Spardiktat und jeden Lohnabbau im Namen von „leeren Kassen“ und des Schuldenabbaus und im Namen der Krise.
Sie lehnen die Einbindung ihrer Gewerkschaftsführungen in den politischen Konsens mit der Regierung und mit der Troika aus EU, EZB und IWF für die Rettungspakete für die Banken und für Spardiktate und Lohnsenkung gegen die arbeitende Bevölkerung ab.
Wenn der IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber unter Berufung auf die Krise für die anstehenden Tarifverhandlungen erneut „moderate Lohnforderungen“ anmahnt (statt um Lohnprozente gehe es um die Ausweitung der Kurzarbeit) – so erteilen die Stahlarbeiter ihm mit ihrer Lohnforderung von 7 Prozent eine deutliche Abfuhr.
Das ist auch eine Warnung der Kollegen vor einer erneuten Sozialpartnerschaft mit den Unternehmern für ein gemeinsames „Krisenmanagement“, in dem Gewerkschaft und Betriebsräte zur „Förderung der Wettbewerbsfähigkeit“ für Lohnkürzungen und die Durchlöcherung ihres Tarifvertrages und für den „sozialverträglichen“ Arbeitsplatzabbau in die Mitverantwortung gezogen werden sollen.
Im Zuge der neuen Welle der Staatsverschuldungen als Folge der Milliarden-Rettungspakete für die Banken und Finanzfonds bereiten sich die Regierungen der Bundesländer wie in NRW oder Berlin auf weitere drastische Sparmaßnahmen zum Schulden- und Defizitabbau vor:
Lohnkürzungen für die Landesbeamten und Stellenstreichungen in Baden-Württemberg; 5-600 Millionen Kürzungen im Namen der Schuldenbremse im NRW-Landeshaushalt… In Berlin weitere Sozialkürzungen, Lohndumping und Tarifflucht…
Bei der Charité-CFM streiken die Beschäftigten seit 6 Wochen gegen das vom Senat diktierte Lohndumping für den Einheits-Tarifvertrag in der Charité; die Beschäftigten in den Alpenland-Pflegeheimen kämpfen in einem schon über 2 Monaten dauernden Streik 20 Jahre nach dem Fall der Mauer für den gleichen Tarifvertrag wie den ihrer Kollegen im Berliner Westen; den Lufthansa-Technikern in Berlin-Brandenburg droht mit der Umsetzung von West nach Ost (vom Flughafen Tegel nach Schönefeld) ebenfalls das Abrutschen in die Ostlöhne. Gewerkschafter fordern, „21 Jahre nach der deutschen Einheit“ die Angleichung aller Löhne auf Westniveau.
20.000 Auszubildende demonstrieren nach einem Aufruf der IG Metall am 2. Oktober für die unbefristete Übernahme nach der Ausbildung. Weniger als die Hälfte der Auszubildenden wird übernommen, die meisten von ihnen nur befristet.
Die Kollegen erwarten von ihrer Gewerkschaftsführung, dass sie alle gewerkschaftlichen Kampfmittel, wenn nötig auch den Streik, für die Erfüllung ihrer berechtigten Forderungen einsetzt.
Auf dem ver.di-Bundeskongress haben Delegierte die dringliche Diskussion eingefordert:
Die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaft haben das Recht auf gewerkschaftlichen Kampf und Streik für die Verteidigung der Arbeitsplätze und für die Verteidigung der Interessen der Arbeitnehmer gegen Privatisierung und Stellenstreichung, gegen arbeitnehmerfeindliche Regierungsmaßnahmen.
Gewerkschafter und politisch Engagierte haben im Rahmen der Initiative für das „Nein zum „Rettungspaket“ für die Banken! Nein zum Euro-„Rettungsfonds“ (ESM-Vertrag) mit seinen „strengen Sparauflagen“, eingeladen, sich in politischen Initiativen für Arbeitnehmerpolitik um die „Soziale Politik & Demokratie“ zu versammeln, um gemeinsam den Kampf zu führen
Für das Nein zur Diktatur der Troika;
Gemeinsam mit den deutschen Teilnehmern auf dem internationalen Meeting in Paris am 1. 10., auf dem sich Teilnehmer aus verschiedenen Ländern Europas auf eine gemeinsame Kampagne für solche Forderungen verpflichtet haben, schlagen sie ein nationales Treffen aller Kollegen und Kolleginnen, die sich in diesem Kampf engagieren, in der zweiten Novemberhälfte in Berlin vor.
Die Zeitschrift „Soziale Politik & Demokratie“ bietet sich an, ihre Seiten für die Diskussion und den gegenseitigen Austausch der Erfahrungen in der Vorbereitung eines solchen nationalen Treffens zu öffnen.
Carla Boulboullé
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