Soziale Politik & Demokratie

Für unabhängige Arbeitnehmerpolitik • Für die soziale Einheit

Startseite

Aktuelle Texte zur Diskussion

Aktuelle Texte

EUROPÄISCHES TREFFEN, 30. JUNI 2012, IN NRW:

Nein zu ESM und Fiskalpakt!
Nein zu den mörderischen »Sparplänen« und Arbeitsmarkt„reformen“!
Aufhebung des Troika-Memorandums gegen das griechische Volk!

Kolleginnen und Kollegen,

wir sind Gewerkschafter mit Verantwortung auf unterschiedlicher Ebene und politische Arbeiterkämpfer, zum Teil SPD-Mitglieder. SPD-Mitglieder im Widerstand zu der Führung einer Partei, die historisch als politische Interessensvertretung der Arbeiterklasse aufgebaut wurde, von der sich aber in der letzten Zeit Millionen Arbeiterwähler abgewandt haben. Weil diese SPD-Führung sich für die Agenda-Politik, die Politik der Spardiktate und Arbeitsmarktreformen verantwortlich gemacht hat.

Seit Monaten haben sich viele von uns in der Kampagne für das Nein der Bundestagsabgeordneten zur Ratifizierung des ESM und Fiskalpaktes engagiert, für die Aufhebung der Schuldenbremse in Deutschland und für die Rücknahme aller „strengen Sparauflagen“ der Troika, angefangen bei dem Memorandum gegen das griechische Volk.

Mit dieser dringlichen und recht kurzfristigen Einladung für ein europäisches Treffen am 30.6. in Köln verbinden wir ein besonderes Ziel.

Aus Deutschland wollen wir unsere Stimme gegen die bei­spiellose Kampagne erheben, die von allen Anhängern und Auftraggebern der Troika-Diktate in ganz Europa zur Terrorisierung des griechischen Volkes entfesselt wird.

Sie wollen das griechische Volk erpressen, seine Forderung nach Aufhebung des mörderischen Memorandums aufzugeben. Sie wollen den souveränen Mehrheitswillen auslöschen, der alle Parteien, die das Memorandum vertreten, zurückwies und keine Regierungsmehrheit für dessen Umsetzung zuließ.

In dieser Kampagne spielt die Regierung Merkel eine Antreiberrolle und das ist dieser schwer angeschlagenen Regierung Merkel nur möglich, weil sie sich auf die SPD-Führung stützen kann. Aber auch weil die DGB-Verantwortlichen alles tun, um eine wirkliche Mobilisierung der Arbei­terschaft dagegen zu verhindern.

Gegen diese Kampagne wollen wir unsere Stimme erheben, wollen wir die Stimme der deutschen Arbeiterschaft zu Gehör bringen und wir laden Euch ein, auf dem europäischen Treffen den gemeinsamen Kampf dagegen zu beschließen und unsere Aktivitäten in jedem Land gegen die Diktate der Troika zu koordinieren.

Deutschland wird als das großartige Beispiel zitiert. Der „Opfergeist“ der Arbeiter wird gelobt und als Modell für Europa dargestellt; ebenso der „Sinn für Verantwortung“ ihrer Gewerkschaftsführungen.

Als ob diese „verantwortungsvolle“, uns in den vergangenen Jahren mit einer Mischung aus Druck und Betrügereien aufgezwungene Politik nicht in ein soziales Desaster geführt hätte, das sich heute in der größten Volkswirtschaft Europas ausbreitet: die Explosion der Armutslöhne und der Prekarisierung, die Ausbreitung der Armut in den Familien und bei den Kindern, die Ausblutung der Kommunen und Krankenhäuser!

Wir sagen mit allem Nachdruck: Dafür hat das deutsche Volk vor zwanzig Jahren nicht die Mauer gestürzt und seine Einheit wiedererobert. Dafür hat die Arbeitnehmerschaft in Deutschland sich nicht in einem gemeinsamen Gewerkschaftsbund, dem DGB, wieder einheitlich organisiert.

Lasst Euch versichern: Man belügt die Völker, wenn man ihnen sagt, dass die deutschen Arbeitnehmer dem griechischen Volk die Verschuldung Griechenlands vorwerfen wür­den.

Als ob wir nicht wüssten, wie und für wessen Profit Griechenland verschuldet wurde! Dass die großen Exportkon­zerne Rekordgewinne aus Rekordexporten einfuhren, die ihre Voraussetzung in Lohnkürzungen haben. Als ob wir nicht wüssten, unter welchen Bedingungen Siemens seine U-Boote an Griechenland verkauft hat! Als ob wir nicht in der Lage wären, hinter der Verschuldung Griechenlands die gleichen Gläubigerbanken und Finanzfonds zu erkennen, die auch unsere Haushalte, unsere Kommunen und Länder in den Würgegriff genommen haben.

Die Wahl am 13. Mai in Nordrhein-Westfalen demonstriert die massive Ablehnung der jahrelangen Sparpolitik und Deregulierung der Arbeitsverhältnisse durch die Merkel- und Schröderregierungen, sowie alle Landesregierungen, was Merkel zwang die Abstimmung der europäischen Verträge, von ESM und Fiskalpakt, auf Ende Juni zu verschieben.

Diese Ablehnung in Deutschland ist Teil einer Welle der Ablehnung in den Wahlen am 6. Mai in Frankreich und in Griechenland, wo sie alle Parteien traf, die sich in den Dienst der Troika gestellt hatten.

Eine Hoffnung wächst in Europa. Die Hoffnung auf eine Wende in der Situation nach dreißig Jahren Diktat der EU, zwanzig Jahre nach Ratifizierung des Maastrichter Vertrages, nach zehn Jahren »Agendapolitik« von Schröder und Merkel. Sie kommt im gleichen Augenblick – in unter­schiedlicher Intensität und unterschiedlichen Formen - in Griechenland, in Frankreich und bei uns in Deutschland zum Ausdruck.

Sie zeigt sich im Generalstreik, der Spanien am 29. März erschüttert hat, genauso wie in der Streikbewegung im Tarifkampf des Öffentlichen Dienstes und der Metallindustrie in Deutschland.

Wir wollen mit dem Aufruf zu dem europäischen Treffen unseren Kollegen in den verschiedenen Ländern Europas zeigen, dass die Arbeitnehmerschaft in Deutschland bereit und entschlossen ist, ihren Platz in dem gemeinsamen Kampf einzunehmen, trotz der Hindernisse auf die wir in allen Ländern in unseren eigenen Reihen stoßen. Sie stellt sich an der Seite der Arbeitnehmer Europas dem Kampf, die Völker in Europa von den Zwängen der EU-Verträge zu befreien, die nichts anderes sind als Ausdruck des Krisendiktats eines Wirtschaftssystems, das in einer ausweglosen Krise steckt.

Von der Welle der Ablehnung getroffen, brauchen Merkel und der deutsche Imperialismus ebenso wie alle europäi­schen Regierungen unbedingt den Rückgriff auf die beiden - zu ratifizierenden - neuen europäischen Verträge ESM und Fiskalpakt, die ihnen die Instrumente für eine Diktatur der EU/Troika in die Hand geben, um die Demokratie unter dem Diktat der Schuldenbremse zu begraben und die de­mokratischen und sozialen Errungenschaften, die Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte, zu liquidieren.

Ausgerechnet in Deutschland schlägt die SPD-Führung un­ter Gabriel, Steinmeier und Steinbrück alle Trommeln für einen „Wachstumspakt“ zur Ergänzung der beiden Verträge. Als wenn diesen mörderischen Instrumenten damit alle Giftzähne gezogen würden. Damit wollen sie der schwer getroffenen Regierung Merkel zu Hilfe eilen und für die erforderlichen Ja-Stimmen zu den Verträgen sorgen.

Merkel hat das aufgegriffen und präsentiert ein „16-Punkte-Konzept für mehr Wachstum in Europa.“ Ihre Bot­schaft: „Arbeitsmarktreformen, Reform der sozialen Sicherungssysteme, ein effizienterer Staatssektor und Effizienz­gewinne durch Privatisierung.“

Welcher Arbeitnehmer in Deutschland erkennt darin nicht eine Super-Schröder-Agenda-Politik für ganz Europa? Und das in einer Situation, in der Hunderttausende Arbeitnehmer unter der Losung „Schluss mit 10 Jahren Lohnverzicht und Prekarisierung“ in Warnstreiks getreten sind! Und in der die Arbeitnehmer und Völker Europas, allen voran das griechische Volk, sich gegen solche Maßnahmen erheben, die im Namen der Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit nur das Elend fördern!

Wir möchten Euch berichten, dass in einer Kampagne in Deutschland über 1.500 Unterzeichner mit einem Offenen Brief von den sozialdemokratischen Abgeordneten im Bundestag das Nein zur Ratifizierung von ESM und Fiskalpakt verlangt haben. Dass viele dieser Kollegen die Streiks im Frühjahr mit organisiert haben, dass von ihnen Erklärungen in den Gewerkschaften und auch von SPD-Organen gegen das Diktat der Schuldenbremse und Wettbewerbsfähigkeit erkämpft wurden, in denen sie die Abgeordneten aufgerufen haben, mit Nein gegen ESM und Fiskalpakt zu stim­men. Und dass sie damit dem Willen der großen Mehrheit der Arbeitnehmer in Deutschland eine Stimme gegeben haben.

Wir laden euch zu diesem europäischen Treffen ein, um den Kampf gegen die Ratifizierung dieser Verträge verstärkt gemeinsam fortzuführen; um den Kampf gegen das Diktat der Troika zu koordinieren und uns gegenseitig zu unterstützen.

  • Für die berechtigten Forderungen des griechischen Volkes!
  • Für die Rücknahme der Arbeitsmarktreform in Spanien, Portugal und Italien!
  • Schluss mit der Schuldenbremse und der Deregulierung der Arbeitsverhältnisse in Deutschland!
  • Für das Nein zur Ratifizierung von ESM und Fiskalpakt (und für deren Aufhebung) in Frankreich, Deutschland … in ganz Europa!

Einladerkreis:

Henning Frey, Paul Paternoga, Matthias Cornely, H.-W. Schuster, Gotthard Krupp (Initiative „Nein zu ESM und Fiskalpakt“)

Kontakt: G. Krupp, E-Mail: GotthardKrupp@t-online.de; Fax: 030.3131662


Zum Seitenanfang...