Carla Boulboullé

Es muss Schluss sein mit der Politik der sozialen Zerstörung!

Wie kann dieser Wille des Volkes sich Ausdruck verschaffen – am 18. September?

Diese Frage stellt sich Millionen ArbeitnehmerInnen, SozialdemokratInnen von der Basis, GewerkschaftskollegInnen. Welchen Ausweg können wir aus der politischen Sackgasse finden, in die uns Schröder bugsiert hat?

In den 11 zurückliegenden Wahlen haben die ArbeitnehmerInnen und die Jugend, Millionen sozialdemokratischer WählerInnen, durch Wahlenthaltungen oder Proteststimmen gegen die SPD ihre Ablehnung von Schröder und seiner Politik deutlich gemacht.

Schröder, der sich selbst zum Kanzlerkandidaten gekürt und sich und sein „Weiter so“-Programm der SPD aufgezwungen hat, droht nun die SPD nach dem Desaster von NRW in eine noch katastrophalere Wahlniederlage zu treiben und setzt die Existenz der SPD, mit der die Errungenschaften des Sozialstaates verbunden sind, auf‘s Spiel.

Schröder brüstet sich am 18. 8. im Fernsehen mit dem Lob, das ihm die Zeitschrift des Finanzkapitals »The Economist« gezollt hat: der Artikel hebt die Neuerungen unter Schröder, wie die Dezentralisierung der kollektiven Tarifverträge, die Verlängerung der Arbeitszeiten und den Lohnabbau hervor. Dank dieser neuen Flexibilität konnten die Lohnstückkosten, die entscheidend sind für die Wettbewerbsfähigkeit, im Verhältnis zu den anderen Ländern drastisch gesenkt werden. Während der letzten 5 Jahre habe Deutschland, das lange Zeit der teuerste Ort in Europa war, einen Wettbewerbs-Vorteil gegenüber Ländern wie Frankreich, Italien, den Niederlanden und selbst Großbritannien gewonnen. Es sei also nicht erstaunlich, dass unter diesen Bedingungen die Börsenspekulationsgewinne sich kräftig erhöht haben. 

Doch zu welchem Preis? Deutschland hat die höchste Arbeitslosigkeit nach dem Krieg, die sozialen Sicherungssysteme werden mehr und mehr zersetzt, ein Drittel der Rentner ist in Folge der Rentenkürzungen von Altersarmut bedroht. Als Vorreiter der Umsetzung der EU-Politik und ihrer Richtlinien hat Schröder mit seiner „Reform“politik das Land an den Rand des Abgrunds geführt.

 Kein Arbeitnehmer kann eine CDU/CSU-Regierung wollen.

3 Jahre, nachdem die ArbeitnehmerInnen Stoiber und der CDU den Griff nach der Regierung durch die Wahl der SPD verwehrt hatten – trotz und gegen die Politik Schröders – hat Schröder jetzt die Bedingungen für eine mögliche Auslieferung der Regierungsmacht an die CDU/CSU geschaffen, für eine noch schlimmere Fortsetzung seiner Politik der Agenda 2010.

Doch wie können die ArbeitnehmerInnen diesen weiteren Schlag gegen ihre sozialen Errungenschaften, gegen die SPD, die Gewerkschaften und die Demokratie abwehren?

Die Linkspartei.PDS setzt darauf, von der Enttäuschung und Wut der ArbeitnehmerInnen und Jugend profitieren zu können. Dafür trägt Schröder die Verantwortung.

Doch wie kann eine Stimmabgabe für die Linkspartei.PDS eine Lösung bieten?

Die PDS, Nachfolgepartei der SED, hofft nun, in Verbindung mit der WASG in neuem Gewand endlich in ganz Deutschland Fuß fassen zu können.

In ihrem Wahlprogramm fordert die Linkspartei.PDS, dass für die Arbeitslosen aus dem Geld für das Arbeitslosengeld II, für die Mietkosten und die 1-Euro-Jobs Arbeitsplätze zum Billigtariflohn geschaffen werden sollen. Sie akzeptieren also den Rahmen von Hartz IV und aller Hartz-Gesetze und fordern in diesem Rahmen die Ausweitung der Niedriglohnjobs und deregulierter Arbeitsverhältnisse unterhalb der Tarifverträge. So sucht man denn auch vergebens die Forderung nach tatsächlicher Aufhebung aller Hartz-Gesetze und nach Wiederherstellung des bewährten Systems der Arbeitslosenversicherung. Fakt ist, dass die PDS überall, wo sie auf Landes- oder kommunaler Ebene in der Regierungsverantwortung ist, die Hartz-Gesetze mit umsetzt.

Als ersten Schritt begnügt sich die Linkspartei.PDS mit der Forderung nach einer „sozialverträglicheren“ Gestaltung des ALG II, nämlich seiner Anhebung auf 420 Euro für Ost wie West. Das heißt nichts anderes, als 100.000e Familien weiterhin zu Armut und Elend und zu rechtlosen 1-Euro-Jobs zu verurteilen, an denen sich die freien Träger von Kitas, sozialen und kulturellen Einrichtungen gesund stoßen können.

Nachdem der PDS-Vorstand jahrelang an dem Versuch gescheitert war, in den offiziellen Parteidokumenten die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich abzuschwächen, konnte er auf dem Berliner Parteitag der Linkspartei.PDS am 27. August 05 eine Begrenzung dieser Forderung auf die unteren Lohngruppen durchsetzen, gegen den Widerstand aktiver Gewerkschafter. In der praktischen Politik trägt die PDS wie in Berlin ohnehin die Erpressungen von Lohnkürzungen z.B. für die Beschäftigten der BVG und in den Krankenhäusern und des Bruchs der Tarifverträge mit.

Auf demselben PDS-Parteitag wurde die Forderung nach einem Mindestlohn von 1400 Euro Brutto beschlossen. D.h. mehr und mehr ArbeitnehmerInnen werden zu einem Niedriglohn am Rande der Armutsgrenze verurteilt. Der Kampf für die Wiederherstellung und Verteidigung allgemeinverbindlicher Flächentarifverträge und für das Verbot der Tarifflucht wird aufgegeben.

 Wahlenthaltung?

In allen letzten Wahlen sind viele traditionelle SPD-WählerInnen in die Wahlenthaltung ausgewichen, weil sie Schröder und seine Politik nicht wollen und keine Alternative gesehen haben.

Doch kann dieser Weg eine Lösung sein? Heißt das nicht vielmehr, sich in der Sackgasse zu fangen, die Schröder zu verantworten hat?

Haben die SozialdemokratInnen nicht recht, die in dieser Situation sagen:

„Damit der Wille der ArbeitnehmerInnen und Jugendlichen, die die Politik Schröders und ihre Fortsetzung ablehnen, sich unter diesen Bedingungen Ausdruck verschaffen kann, muss da nicht alles getan werden, damit die Verantwortlichen für diese Politik und Situation wegkommen?

Gibt es einen anderen Ausweg für die ArbeitnehmerInnen und Jugendlichen, als SPD zu wählen, um die Kräfte zu stärken, die dafür eintreten?

Ist das nicht der Weg für die ArbeitnehmerInnen, ihren Willen für den sofortigen Kurswechsel, für eine andere Politik einzufordern? Damit tatsächlich Schluss gemacht wird mit der Agenda-Politik und deren Fortsetzung?

Weil so der Kampf aufgenommen werden kann für die Verteidigung und Wiederherstellung unserer großen sozialen und demokratischen Errungenschaften; damit die SPD zu ihren traditionellen Positionen zurückkehrt, und wieder auf das Mandat der arbeitenden Bevölkerung und Jugend verpflichtet wird.“

In dieser Ausgabe der »Sozialen Politik & Demokratie« haben wir verschiedene Beiträge zu diesen Fragen und der Suche nach Antworten aufgenommen, die heute vor den Wahlen, aber auch nach dem 18. September, von größter Bedeutung für die ArbeitnehmerInnen in Deutschland sind. - Carla Boulboullé

 Carla Boulboullé

 

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